[infobrief] Streikinfo Nr. 4: Blankenburg (und Bramsche)

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Fre Nov 10 15:47:08 CET 2006





From: nolager bremen <nolagerbremen at yahoo.de>


Streikinfo Nr. 4.

Bereits vor 1 Woche wurde der Flüchtlingsstreik im Ein- und Ausreiselager
 ausgesetzt. Wir hatten damals nur eine Presseerklärung verschickt, seitdem
 ist nichts mehr gekommen. Wir möchten deshalb kurz die aktuelle Situation
 beschreiben – auch unter Berücksichtigung des gestrigen Warnstreiks in
 Bramsche.

Zunächst: Ausgesetzt ist wörtlich zu verstehen, d.h. die Proteste gehen
 weiter, auch wenn derzeit nicht mehr die Kantine und die 1-Euro-Jobs
 bestreikt werden. Es sind im wesentlichen drei Gründe gewesen, welche zur
 Aussetzung des Streiks geführt haben:

1. Der Streik hat extrem viel Staub aufgewirbelt. Es gab über 50
 Zeitungsartikel, etliche Radiobeiträge, ca. 8 Fernsehbeiträge (meist in den
 Vorabendnachrichten von NDR und Radio Bremen), diverse
 Solidaritätserklärungen etc. Hieraus sind eine ganze Mengen Initiativen
 entstanden: Zum Beispiel sind verschiedene runde Tische angedacht (selbst
 die Lagerleitung hat einen entsprechenden Vorstoß gemacht), Petitionen und
 öffentliche Dokumentationen wurden in die Wege geleitet, der Oldenburger
 Stadtrat hat öffentlich über das Lager in Blankenburg diskutiert und wird
 dies am 20.11. erneut tun etc. etc. Um innerhalb dieser unterschiedlichen
 Initiativen überhaupt aktiv werden zu können, war es erforderlich, dass sich
 alle Beteiligten etwas den Rücken frei machen. Denn beides, d.h. Streik und
 Aktionen einerseits sowie Beteiligung an runden Tischen etc. andererseits
 war schlicht nicht zu bewerkstelligen.

2. Der Druck der Lagerleitung hat natürlich auch seine Spuren hinterlassen:
 Es gab mehrere (Straf-)Transfers, verstärkten Abschiebedruck,
 Einschüchterungsversuche etc., nicht zuletzt gegen die, die aktiv geworden
 sind. An diesem Punkt war es ebenfalls nötig, einfach mal innezuhalten und
 nicht immer nur weiterzurennen. Die Streikenden haben jedoch
 unmissverständlich klar gemacht, dass dies eine Frage politischer Klugheit
 wäre und keinesfalls als Niederlage verstanden werden sollte. Oder in den
 Worten eines Aktivisten aus dem Lager: „Nur wer Angst hat, kann auch mutig
 sein.“

3. Und natürlich waren nach 4 Wochen Streik viele Leute verdammt müde. Hierzu
 gehört im übrigen auch, dass es für immer mehr Leute zum handfesten Problem
 geworden war, die 1-Euro-Jobs zu bestreiken. Denn für die, die überhaupt
 arbeiten dürfen, sind diese Jobs, die einzige Möglichkeit, auf reguläre
 Weise an Geld zu kommen (von den 38 Euro Taschengeld pro Monat mal
 abgesehen). Geld, womit z.B. Anwälte, Zigaretten, Telefonkarten, Zeitungen,
 Internetgebühren etc. etc. bezahlt werden können.

Grundsätzlich haben wir uns darauf verständigt, dass der Streik jederzeit
 wieder aufgenommen werden kann. Dies zeigt auch der gestrige Warnstreik im
 Abschiebelager Bramsche, an dem sich ca. 80 BewohnerInnen des Lager
 beteiligt haben (vgl. Presseerkläung und Zeitungsartikel auf
 www.nolager.de). Die Devise im Moment lautet, abzuwarten und zu gucken, ob
 die Lagerleitung und das Innenministerium in Hannover bereit sind, auf die
 Forderungen einzugehen oder nicht. Sollte dies nicht der Fall sein, wird der
 Streik in absehbarer Zeit wieder aufgenommen. Und dann wären wir natürlich
 wieder auf so viele und großzügige Spenden angewiesen wie in den letzten 6
 Wochen!!! Einmal mehr tausend Dank!!!

Dokumentation: http://papiere-fuer-alle.org/blankenburg




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