[infobrief] Demonstration für Gazale am 07.09.2011 in Hildesheim

akasylgoe akasylgoe at emdash.org
Mo Sep 5 15:21:45 CEST 2011


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Demonstration für Gazale am 07.09.2011 in Hildesheim

Gazale Salame gehört zu uns!

Aufruf zur Demonstration am Mittwoch den 07.09.2011.
Treffpunkt: 17.00 Uhr am Angoulemeplatz in Hildesheim

Seit 26 Jahren lebt Ahmet Siala mit seinen beiden Töchtern Amina (14)
und Nura (12) im Landkreis Hildesheim. Seine Frau Gazale wurde am
10.Februar 2005 nach 7-jährigem Aufenthalt in Deutschland mit ihrer
einjährigen Tochter Schams abgeschoben, obwohl auch sie als kleines
Kind nach Deutschland geflohen ist und in der Türkei niemanden kannte.

Viele Verfahren und Prozesse wurden in der Zwischenzeit geführt, die
bis heute keine Lösung gebracht haben. Nach einem jahrelangen, bis
heute nicht abgeschlossenen Rechtsstreit fordern wir die Behörden auf,
endlich eine humanitäre Lösung für die Familie umzusetzen. Ahmet muss
seine Aufenthaltserlaubnis wiederbekommen und Gazale endlich die
Möglichkeit erhalten, im Wege des Familiennachzugs zu ihrer Familie
zurückzukehren!

Gazale war im drittem Monat schwanger, als sie zusammen mit ihrer
damals einjährigen Tochter Schams im Februar 2005 gewaltsam in die
Türkei abgeschoben wurde. Dabei wurde sie von ihrem Mann Ahmet Siala
und ihren beiden Töchtern Amina und Nura getrennt. Gazale lebt bis
heute unter unwürdigen Bedingungen in einem kleinen Vorort Izmirs. Der
in der Türkei geborene Sohn Gazi hat seinen Vater noch nie gesehen.

Die lange Wartezeit hat Gazale psychisch zermürbt, und sie ist
ernsthaft krank geworden. Auch ihre beiden Kinder Schams (7) und Gazi
(6), der seinen Vater nie gesehen hat, leiden sehr unter der  Situation.
Bis heute hofft die Familie, dass Gazale mit den beiden  Kindern auf
legalem Weg nach Deutschland zurückkehren kann. In der  Türkei lebt
Gazale noch immer sehr isoliert, unterstützt nur zeitweise  von ihrem
Vater, der aus Deutschland zu ihr reiste, um ihr unter die  Arme zu
greifen. Für Gazale ist Deutschland ihr Zuhause, das Land,  dessen
Sprache sie perfekt spricht, in dem ihre Mutter, ihre  Geschwister, ihr
Mann und ihre älteren Töchter leben.

Ahmet Siala floh 1985 zusammen mit seinen Eltern als fünfjähriges Kind
aus dem bürgerkriegsgeschüttelten Libanon nach Deutschland und erhielt
im Jahr 1990 ein Aufenthaltsrecht als Bürgerkriegsflüchtling. 2001
wurde ihm dieses aber wieder mit der Begründung entzogen, Ahmet Siala
habe einen türkischen Vater, sei daher (auch) ein türkischer
Staatsangehöriger und habe das Bleiberecht für Bürgerkriegsflüchtlinge
aus dem Libanon im Jahr 1990 zu Unrecht erhalten. Zur Begründung
bezogen sich die Behörden auf einen fragwürdigen türkischen
Registerauszug aus dem Jahre 1975, in dem Ahmets Großvater und Ahmets
Vater sowie dessen Brüder genannt sein sollen.

Die Argumentation der Behörden erscheint weit hergeholt:
Bescheinigungen aus dem Libanon belegen den Aufenthalt der Eltern
Sialas im Libanon seit 1952. Als der türkische Registerauszug erstellt
wurde, war Ahmet also noch gar nicht geboren. Alle zehn Geschwister  von
Ahmet Siala sind - wie er selbst auch - in Beirut geboren. Die  Familie
Siala hat bis zu ihrer Flucht im Jahr 1985 ausschließlich in  Beirut
gelebt, die Familie hat auch auf der Flucht aus dem Libanon  türkischen
Boden nicht betreten. Ahmed Siala wäre längst ein  Deutscher, wenn man
ihm die Aufenthaltserlaubnis nicht weggenommen und  ihn so an der
Einbürgerung gehindert hätte. Von seiner Herkunft her  ist er ein
arabischsprachiger Flüchtling aus dem Libanon, dem die  libanesischen
Behörden 1994 - neun Jahre nach seiner Flucht aus dem  Bürgerkrieg - die
libanesische Staatsangehörigkeit erteilt haben. Mit  der Türkei
verbindet ihn nichts. Eine Politik, die unter Bezugnahme  auf alte
Abstammungsurkunden von ?falscher Identität? spricht und  einem
Flüchtling das Aufenthaltsrecht verweigert, auch wenn er  inzwischen 26
Jahre in Deutschland lebt und sein angebliches  Heimatland nur vom
Hörensagen kennt, erscheint uns zutiefst fragwürdig  und unmenschlich.

Mittlerweile können wir überdies durch einen DNA-Test belegen, dass  der
türkische Registerauszug, den die Behörden immer wieder als  zentrales
Beweisstück für eine türkische Staatsangehörigkeit von Ahmet  Siala
bezeichnet haben, offenkundig falsch ist: Das Dokument enthält  nicht
nur unzutreffende Personaldaten, sondern behauptet auch
Verwandtschaftsverhältnisse, die nach Lage der Dinge aufgrund der
vorgenommenen Genanalyse nicht stimmen können. Die ursprüngliche
Begründung des Landkreises Hildesheim für den Entzug der
Aufenthaltserlaubnis von Ahmet Siala lässt sich nun juristisch nicht
mehr halten.

Jetzt könnte der Landkreis Hildesheim unter Bezugnahme auf diese neuen
Unterlagen eine Neubewertung des Falls ohne Gesichtsverlust vornehmen.
Konkret könnte der Landkreis Ahmet Siala die Aufenthaltserlaubnis
wieder erteilen und Gazale die Rückkehr zu ihrer Familie endlich
ermöglichen. Wir forderten deshalb im Juni 2011 eine Korrektur der
falschen Entscheidung der Behörden. Da der Landkreis Hildesheim jedoch
bis heute untätig geblieben ist, müssen wir uns erneut an die
Öffentlichkeit wenden. Der Landkreis Hildesheim hätte es in der Hand,
eine Lösung des Falles einzuleiten und umzusetzen. Es ist uns
unverständlich, warum er dies noch nicht getan hat. Der Fall von  Gazale
Salame und Ahmet Siala weist groteske Züge auf. Er  verdeutlicht, dass
schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen auch bei  uns möglich sind und
stattfinden.

Die seit sechseinhalb Jahren anhaltende, durch Abschiebung erzwungene
Trennung zwischen den Familienmitgliedern - nicht einmal gegenseitige
Besuche werden ermöglicht - hat bereits jetzt nicht wieder gut zu
machende Schädigungen bewirkt und wirkt sich weiterhin zerstörerisch
auf die Familie aus. Unter der Situation leidet insbesondere Gazale,
die auch in Deutschland aufgewachsen ist und von einem Tag auf den
anderen ohne vorherige Ankündigung in ein ihr fremdes Land abgeschoben
wurde. Gazale Salame wird nicht noch einen Winter allein mit ihren
Kindern in ihrem türkischen Exil durchhalten. Eine politische Lösung
dieses Falls, wie sie das Bundesverwaltungsgericht bereits in der
mündlichen Begründung zu seiner Entscheidung vom 27.09.2009 angemahnt
hat, ist überfällig.

Damit endlich etwas passiert und Gazale nach Hause zurückkehren kann,
brauchen wir Ihre Hilfe. Kommen Sie am 07.09.2011 um 17.00 Uhr zum
Angouleme-Platz in Hildesheim! Demonstrieren Sie mit uns, damit das
Leid der Familie Siala/Salame endlich ein Ende findet.


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